Kurdischer Parlamentarier zu Gast in Lahr

07. Mai 2016  Allgemein

Der Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP) Faysal Sarıyıldız war am vergangenen Dienstag Gast in Lahr bei Sahin Events auf Einladung des Mesopotamischer Anadolu Kulturverein Lahr e.V.  Er ist zusammen mit Vertretern der Demokratischen Kurdischen Gesellschaft (Nav-Dem) in Deutschland unterwegs und wirbt für das Hilfsprojekt „Familienpatenschaft“. Gleichzeitig berichtet er aus den Bürgerkriegsgebieten der Osttürkei, um der Pressezensur des Erdogan-Regimes etwas entgegenzusetzen.

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Faysal Sariyildiz war innerhalb der letzten Monate eine der wenigen Informationsquellen aus der belagerten Stadt Cizîr (türk. Cizre) mit 130.000 Bewohnern. Er informierte in dieser Zeit die Öffentlichkeit mit Hilfe sozialer Medien. Er rief mehrfach internationale Organisationen dazu auf, alles dafür zu tun, um die Belagerung von Cizîr zu stoppen und somit ein Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern. Sarıyıldız wurde bereits 2011 als Kandidat der Partei für Frieden und Demokratie (BDP – Barış Demokrasi Partisi), aus der die HDP hervorging, ins Parlament gewählt. In dieser Zeit saß er wegen des Vorwurfs der „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ in türkischen Gefängnissen, ohne jemals verurteilt worden zu sein. Er wurde  erst 2014 nach  fünf Jahren Haft entlassen. Bei den Wahlen 2015 wurde er dann für die HDP erneut ins Parlament gewählt.

Stadtrat Lukas Oßwald (Linke Liste) begrüßte Faysal Sariyildiz aus Sirnak (Osttürkei) und hieß ihn in Lahr willkommen. In seinem Grußwort betonte er, wie wichtig es sei, die Öffentlichkeit in Deutschland über die Gräueltaten der türkischen Regierung in den kurdischen Gebieten der Türkei zu informieren.  Der Krieg der türkischen Regierung gegen die Kurden habe die Ausmaße eines Völkermords angenommen. Deshalb gelte es auch international zusammenzustehen, Solidarität zu zeigen und gemeinsam der türkischen Regierung und Ihren Helfern in Deutschland und Europa in die Stirn zu bieten. Der Lahrer Stadtrat war selbst mehrmals in den betroffenen Gebieten gewesen.

In seiner mehr als einstündigen Rede vor rund 250 Zuhörern schilderte Sariyildiz die Zustände vor Ort und berichtete von vielen Gräueln im diesem Bürgerkrieg. Dies wurde mit Filmmitschnitten zum Beispiel aus Sirnak eindrücklich unterlegt. Unter anderem wurde gezeigt, wie zivile Helfer beim Bergen von Verletzten und Toten wahllos zusammengeschossen werden:

Die Bestrebungen nach kommunaler Selbstverwaltung sind dem Erdogan-Regime, das nach Alleinherrschaft strebt, ein Dorn im Auge. Diese Bestrebungen bekamen durch den großen Erfolg der HDP bei den Wahlen vom Juni 2015 ein demokratisches Fundament und die Regierung sieht sich seither in ihrem Machtanspruch bedroht. Deshalb ließ der der türkische Machthaber kurz darauf das türkische Militär mit einer Offensive gegen die kurdischen Städte im Osten des Landes vorrücken. Es begann in der Stadt Gimgim und ging über nach Ferqin, Lice, Silopi, Sur, Cizre, Nisebin, Derik, Kerboran, Hezex, Gever und Sirnex. Die umkämpften Orte werden abgeriegelt, die Strom und Wasserversorgung eingestellt und Ausgangssperren verhängt. Lieferungen von Lebensmitteln sind nicht mehr möglich und die Versorgung der Menschen wird systematisch abgeschnitten. Durch die schweren Bombardements werden große Teile der Wohngebiete zerstört und unbewohnbar.

Seit über 180 Tagen herrscht in den kurdischen Gebieten der Osttürkei Krieg. Mittlerweile sind 1,3 Millionen Menschen betroffen. Es wurden über 200.000 Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Viele hundert Männer, Frauen und Kinder wurden durch militärische und paramilitärische Einheiten der türkischen Regierung umgebracht. Scharfschützen zielen auf alles, was sich bewegt. Panzer und Soldaten zeichnen die Straßenbilder neben den ausgebombten Häusern in denen die Menschen ihre letzten Habseligkeiten zusammensuchen.
Viele tausend Kriegsflüchtlinge sind die Folge. Die ganze Situation hat sich zu einer humanitären Katastrophe entwickelt. Um den bedürftigen Flüchtlingen, Verletzten, Kranken und Weisen in diesen Gebieten langfristig helfen zu können, hat Nav-Dem das Projekt „Familienpatenschaft“ ins Leben gerufen. Hierbei vermittelt den Familien in Not einen Paten, der diese monatlich finanziell stützt. Gleichzeitig haben die Paten die Möglichkeit, persönlich mit den Betroffenen in Verbindung zu kommen, wobei sie neben dem finanziellen auch einen seelischen Beistand leisten können. Mit der Übernahme einer Patenschaft tragen Sie dazu bei, dass die Menschen in dieser Not sich mit den Lebensnotwendigen versorgen können. „Helfen Sie den Menschen diese schwere Zeit durchzustehen. Dank Ihnen wird dieses Hilfsprojekt erst möglich“ war sein Appell am Ende seiner Rede.

Die Bitte blieb nicht ungehört. Direkt im Anschluss konnten auch schon die ersten Patenschaften gewonnen werden.

Für weitere Fragen zum Projekt „Patenschaft“ von Nav-Dem:

Heyva Sor a Kurdistane e.V.
Wilhelmstr.7
53840 Troisdorf / Deutschland
Telefon: 02241-9752583 und 02241-9752585
E-Mail: heyvasor@web.de


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