Linke Liste Lahr (LLL)
Haushaltsrede von Lukas Maria Oßwald Lahr, den 18.12.2016
Liebe Lahrerinnen und Lahrer,
Die Haushaltsrede im Gemeinderat ist traditionell die
Gelegenheit, das vergangene Jahr politisch und wirtschaftlich
zu analysieren. Dadurch kommen die verschiedenen Positionen
der Vertreter im Gemeinderat zum Ausdruck. Ich freue mich,
dass das auch in Lahr so beibehalten worden ist, denn das tut
dem demokratischen Prozess gut.
Wir von der Linken Liste Lahr lehnen den Haushalt ab.
Zu Beginn ein Zitat aus der Haushaltsrede des
Oberbürgermeisters 2013:
„Für mich heißt das zusammengenommen auch, dass der
Schuldenstand der Stadt nach 2018 auch ein
Kriterium für den Erfolg der LGS ist.“
Was sollen die Lahrer Bürger davon halten? Hat das bisher
irgendwelche Konsequenzen gehabt?
Nun steigt die Verschuldung weiter auf ein sehr hohes Niveau,
das so sicher niemand der LGS-Befürworter eingeplant hatte.
Und das, obwohl konjunkturell und auch einnahmeseitig
unvorhersehbar gute Jahre ins Haus standen. Das ehemalige
Loblied auf das antizyklische Haushalten ist heute jedoch nur
noch Schall und Rauch. Wir machen neue Schulden und
zehren die Rücklagen auf, inklusive der harten Reserven in
Form des gemeindlichen Darlehens an den Abwasserverband.
Der momentane Stillstand und die damit einhergehende
Bauverzögerung beim Brückenbau werden weitere zusätzliche
Kosten und somit Schulden nach sich ziehen. Deckungslücken
für die Abschreibungen der Investitionen und weitere Kosten
beim Unterhalt der Anlagen, beide in Millionenhöhe, erwarten
uns nach 2019. Das wird den Verwaltungshaushalt gewaltig
belasten. Und die Schuldenbremse und konjunkturelle Krisen,
die es immer wieder gibt, sind noch nicht einmal berücksichtigt.
So ist unser finanzieller Handlungsspielraum äußerst schmal
geworden.
Wer muss den finanziellen Karren nach der LGS aus dem
Dreck ziehen?
Dabei hat Lahr bereits große Herausforderungen zu bewältigen:
Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich auch in Lahr
immer weiter.
Die Lahrer Tafel kämpft mit zurückgehenden Spenden
einerseits und der immer größeren Nachfrage andererseits.
Ehrenamtliche Helfer versorgen heute bereits 1400 Menschen.
Der ÖPNV bietet nur unzureichende Verbindungen und ist zu
teuer. Gerade für diejenigen, die auf Grund ihrer finanziellen
Situation darauf angewiesen sind, können ihn sich oft nicht
leisten.
Schon heute haben wir Erhöhungen der Kindergartengebühren
in regelmäßigen Abständen. Nur die Linke Liste stimmt
regelmäßig immer dagegen! Nicht nur die angedachte und
dringend benötigte neue Kita in der Geroldsecker Vorstadt auf
dem Gelände der ehemaligen Ölmühle leidet unter der
angespannten finanziellen Situation. Bereits heute gibt es
Wartezeiten für einen Platz in der Kinderbetreuung, wie mir
immer wieder Eltern berichten.
Wir werden in naher Zukunft mit einer immensen Altersarmut
konfrontiert werden. Wie und wo sollen alte Menschen in
Zukunft wohnen und leben, wenn sie nur noch Grundsicherung
erhalten? Hier brauchen wir alternative Wohn- und
Pflegekonzepte, die bezahlbar sind.
Jedes Jahr muss ich das Königsthema „Bezahlbarer
Wohnraum“ erneut anmahnen: Die Nachfrage danach steigt
immer weiter. Einerseits, weil die unteren Einkommen immer
mehr absacken und andererseits, weil günstige Wohnungen in
Lahr immer weniger werden.
Hier muss die Stadt endlich aktiv werden und mehr tun, als nur
Workshops anbieten. Wohnungen für 6,00 Euro Kaltmiete
müssen her.
Warum nur glauben die politisch Verantwortlichen, dass mit der
Ansiedlung von überwiegend logistisch tätigen Unternehmen
sich etwas zum Besseren wenden wird? Die Logistikbranche –
allen voran Zalando und das geplante GVZ – werden die
Verkehrsströme gewaltig anschwellen lassen.
Und wo soll ein Arbeiter aus der Logistikbranche mit seinem
Hungerlohn eine Wohnung in Lahr finden, die er bezahlen
kann? Bereits heute sind 15% der Logistikarbeiter klassische
Hartz IV Aufstocker. Wie lässt sich das vereinbaren mit dem
Millionengeschenk durch einen Vorzugspreis beim
Grundstückskauf für Zalando? Da haben sich Aktionäre wie die
Gebrüder Samwer bestimmt gefreut.
Die Konkurrenz um bezahlbaren Wohnraum ist hart und schafft
sozialen Sprengstoff. Hier für Entlastung zu sorgen ist eine der
vordringlichsten Aufgaben für die Zukunft. Das wäre politisch
gelebte Integration.
Dass diese notwendiger denn je ist, zeigen die Ereignisse des
vergangenen Jahres deutlich. Die Demonstration überwiegend
Russlanddeutscher auf dem Rathausplatz hat auch
überregional für Schlagzeilen gesorgt. Der darauffolgende 2.
Platz in Lahr für die rechtsnationale AFD bei den
Landtagswahlen muss für jeden Demokraten hier ein
Alarmsignal sein. Viele in Lahr haben Angst, abgehängt zu
werden und in der Konkurrenzsituation unterzugehen.
Hier sind wir alle gefordert, der gegenseitigen Konkurrenz der
Menschen das soziale Miteinander entgegenzusetzen.
Dazu brauchen wir die Beteiligung aller an einem transparenten
politischen Prozess. Wichtig wäre dafür, das auch der
Gemeinderat zukünftig die Lahrer Bevölkerung angemessener
repräsentiert. Das heißt, dass Vertreter aus allen
Bevölkerungsschichten vertreten sind. Gemessen am
Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund müssten hier also
rund 14 Stadträtinnen und Stadträte mit ausländischen Wurzeln
sitzen. Auch die Vertreter unterer Einkommen sind kaum bzw.
gar nicht repräsentiert.
Dass Lahr auch eine polisch wehrhafte Bevölkerung hat, hat die
„Bürgerinitiative Altenberg“ in einem beispiellosen
bürgerschaftlichen Engagement unter Beweis gestellt. So
gelang es binnen weniger Wochen in rein ehrenamtlicher Arbeit
nahezu 4000 Unterschriften zu sammeln; mit Namen,
Geburtsdatum und Adresse und keinesfalls vergleichbar mit
anonymen Voten bei offiziellen Wahlen. Das hat in Lahr vorher
so noch keiner hingekriegt und es ist ein starkes Signal gegen
die „Politikverdrossenheit“.
Es gibt noch weitere positive Entwicklungen.
Das große bürgerschaftliche Engagement im Zusammenhang
mit den Menschen, die Zuflucht bei uns suchen, ist ein
wichtiges Signal für unser Zusammenleben.
So feierte eine Ausstellung von Firmen aus Lahr und
Umgebung kürzlich Premiere, deren Inhaber ihre Wurzeln nicht
in Lahr haben.
Das „Fest der Kulturen“ im Zusammenhang mit dem Lahrer
Stadtfest gilt es weiter zu etablieren und jährlich zu
veranstalten. Hiermit können sich die Menschen identifizieren.
Die Anregung für eine interkulturelle Einkaufsmeile in Lahr halte
ich für eine hervorragende Idee.
Das Interkulturelle Suppenfest erfreut sich von Jahr zu Jahr
immer größerer Beliebtheit.
Immer dann, wenn es Gelegenheiten gibt, bei denen
unterschiedliche Menschen sich begegnen können, wächst
Lahr ein Stückchen weiter zusammen. Wir sollten mit vereinten
Kräften daran arbeiten, weitere derartige Gelegenheiten zu
schaffen.
Meine Damen und Herren, letzte Woche Freitag gab es das
50jährige Jubiläum des UN-Sozialpaktes, der von der UNOVollversammlung
einstimmig ratifiziert wurde. Die
Hauptforderung darin war und bleibt der Kampf gegen die
soziale Spaltung in Arm und Reich. Nur wenn wir hier
erfolgreich sind, können die sozialen Menschenrechte gemäß
dem UNO-Beschluss auch verwirklicht werden. Die Lahrer
Kommunalpolitik kann hier mehr tun.
Die Linke Liste wird sich auch in Zukunft darum bemühen.
Wir wünschen allen ein ruhiges und erholsames Weihnachtsfest
und ein glückbringendes Neues Jahr.
Linke Liste Lahr – Haushaltsrede von Stadtradt Lukas Oßwald
24. Dezember 2016
Allgemein
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