Wie wollen wir Leben? Impulsvortrag von Lukas Oßwald

06. März 2016  Rede

Impulsvortrag von Lukas Maria Oßwald

 

Landtagskandidat im Wahlkreis 50 Lahr der Partei Die Linke

 

Weshalb hier im Club Diamant in Lahr? Bei den Russen, wie man die Spätaussiedler heute immer noch mehr oder weniger abschätzig nennt. Es ist der Wunsch nach gegenseitigem Kennenlernen.

Schon letzten Herbst hatten wir, Heinz, Vitali und ich diese Veranstaltung geplant.

In Lahr leben rund 11 000 Spätaussiedler. Wir haben rund 43% Migration. Ich finde, darauf können wir stolz sein, dass so viele Menschen bei uns zusammen leben wollen.

 

Wer sich kennt, lernt einander zu Vertrauen und das gibt uns Sicherheit.

Ich habe schon lange das Gefühl, dass wir hier in Lahr und auch sonst überall in Deutschland, noch viel dazu beitragen müssen, damit wir uns alle ohne Vorbehalte begegnen können.

 

Diese Veranstaltung soll ein Schritt in diese Richtung sein.

 

Wir haben es alle mitbekommen: Die westlichen Machthaber entzünden und fördern mehr und mehr Kriege in zahlreichen Ländern: In Afghanistan, in den Balkanstaaten, im Irak, in Libyen, im Jemen, im Sudan, in Gambia, in Mali, in Nigeria, in Syrien, in der Osttürkei und nicht zuletzt auch in der Ukraine. Die Liste ist noch lang.

 

Unsere Waffenlieferanten um Daimler, Heckler & Koch, ZF, Paschal, Franke, Bebusch, Doll, MAN, usw. verdienen sich eine goldene Nase. Und unsere Bundeswehr als Teil der Nato ist mittendrin. Gesteuert von einer Bundesregierung, die der Handlanger der Banken und Konzerne ist.

Ihre Gier treibt uns immer mehr in den unmenschlichen Strudel von Wettbewerb und Gegnerschaft – jeder ist sich selbst der nächste.

Genau das aber gilt es zu überwinden.

 

Weltweite Flüchtlingsströme wie noch nie sind die Folge. 60 Mio. Menschen sind auf der Flucht. Dabei kommen mehr und mehr Menschen auch zu uns. Geflohen vor dem Krieg, der Verfolgung, der Not und dem Elend. Dabei ist mir wichtig eines festzuhalten:

Verfolgung fängt damit an, dass man den Menschen das Nötigste nimmt! Das wussten die Nazis im 3. Reich schon, als sie den jüdischen Geschäftsleuten die Läden dichtgemacht haben. Also hören wir endlich auf mit dem Geschwätz um gute und schlechte Flüchtlinge. Mit dem Geschwafel von Wirtschaftsflüchtlingen einerseits und politisch Verfolgten andererseits. Das kann man nicht trennen und das soll uns nur noch mehr entzweien. Jedem, dem die Menschenrechte genommen werden, ist verfolgt. Ich komme auf die Menschenrechte noch zu sprechen.

 

Flüchtlinge kommen also zu uns in der Hoffnung auf ein besseres Leben.

Und sie begegnen bei uns leider nicht nur freundlichen Menschen. Überall rotten sich fremdenfeindliche und rassistische Gruppierungen auf den Straßen zusammen. Sie finden ihre politischen Vertreter in der AFD und der NPD. Auch in der Ortenau hat sich eine sogenannte Bürgerwehr formiert. Leider hat sich auch bei vielen Spätaussiedlern hat Angst breitgemacht, die in den vergangenen Demonstrationen in Lahr und Offenburg Ausdruck fanden.

Dabei machen wir eine wesentliche Erfahrung. Dort wo die Menschen am wenigsten voneinander wissen, ist die Angst am größten. Die Angst der Menschen hier vor den Flüchtlingen aber auch die Angst der Flüchtlinge vor den Menschen hier.

Vor diesem Hintergrund entstand dann auch der Titel dieser Veranstaltung:

 

Was macht unser Leben hier wirklich aus? oder Wie wollen wir leben?

 

Dabei kam ich unweigerlich zu den Ergebnissen der Französischen Revolution:

 

26. August 1789: Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte

 

1. Menschenrechte sind universell: Überall und für jeden gültig:

 

Für Spätaussiedler, Flüchtlinge, Kurden, Türken, Italiener, Spanier, Deutsche, Engländer, Griechen, Franzosen usw. Die Menschenrechte gelten überall.

Alle Staaten, die der Uno beigetreten sind, haben sich verpflichtet, diese umzusetzen, auch Deutschland gehört dazu.

 

2. Alle Menschen sind gleichberechtigt.

 

Die Gleichstellung im Anspruch auf die Menschenrechte sichert die Gleichberechtigung. Die Menschenrechte gelten für alle Menschen gleichermaßen: Frauen, Kinder und Männer. Die Mohammedaner dürfen gleichermaßen Religion ausüben wie Christen, Aleviten, Hindus, Buddhisten, usw. – deshalb habe ich mich auch für den Bau der Moschee eingesetzt.

Es gibt hier keine Unterschiede wegen Hautfarbe, Religion oder Meinung. Und auch wegen der Herkunft wird keiner Unterdrückt, aber auch keiner ist deswegen etwas Besseres.

Es ist niemand etwas Besseres wegen Reichtum, weil er z.B. eine große Yacht besitzt.

Niemand ist etwas Besseres wegen seiner gesellschaftlichen Stellung, z.B. weil er Bundespräsident, Direktor oder Bürgermeister ist.

Genauso wenig ist jemand mehr oder weniger Wert wegen seiner Herkunft, seinem Aussehen oder seinem Geschlecht.

Es ist auch niemand etwas Besseres, nur weil er die vermeintlich richtige Ideologie bzw. Religion meint zu besitzen.

Ich bin übrigens mit 18 aus der Kirche ausgetreten und überzeugter glücklicher Atheist.

Ich trete für eine strikte Trennung von Kirche und Staat ein.

 

 

3. Die Menschenrechte sind ein Gesamtwerk und Unteilbar

 

Was nützen mir alle Freiheitsrechte, wenn das nötigste zum Leben, z.B. Nahrung oder Wohnung, fehlt? Nur die Gewährung aller Menschenrechte sichert ein Leben in Frieden, Freiheit und Wohlstand.

 

Die Menschenrechte sind unser Leitgedanke. Sie sind viel wichtiger als Wirtschaft, wichtiger als Regierungen und natürlich viel wichtiger als jede Religion. Meines Erachtens sind sie die größte Errungenschaft der menschlichen Zivilisation.

 

An dieser Stelle möchte ich nochmals in das Jahr 1789 zurückschwenken. In Artikel 2 der Erklärung der französischen Nationalversammlung heißt es:

 

Das Ziel jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unveräußerlichen Menschenrechte. Diese Rechte sind Freiheit, Eigentum, Sicherheit und Widerstand gegen Unterdrückung.

 

Genau diesem Gedanken fühle ich mich besonders verpflichtet: Das lebe ich auch in meinem politischen Alltag. Im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen im Ortenau-Klinikum bei den Krankenpflegeinnen und -pflegern und allen anderen Beschäftigten. Bei den vielen Arbeiterinnen im Reinigungsgewerbe als Gewerkschafter, bei den wochenlangen Streiks beim Postfrachtzentrum, beim Kampf um bezahlbare Mieten im Kanadaring und anderswo in Lahr und auch beim Kampf um Wahl- und Rederechte im Kreistag.

 

Die Menschenrechte müssen erkämpft werden und die Menschenrechte müssen dann verteidigt werden!

Das ist auch der Leitgedanke des Liedes „Die Internationale“, dem Lied der Unterdrückten Arbeiterklasse.

 

Die Beste Verteidigung ist die Einigung der Menschen gegen die Unterdrückung!

 

Dazu sind notwendig:

Den Respekt genauso wie die Neugierde gegenüber dem anders Denkenden.

Und damit verbunden die Überzeugung, dass man von jedem etwas lernen kann.

Dazu die Einsicht, dass wir letztlich alle an einem Strang ziehen und solidarisch miteinander sind.

 

Lasst und nun beginnen. Ich bin gespannt auf Ihre Fragen.

 


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